Der innere Richter
Manchmal stelle ich fest, dass es in meinem Innenleben hartnäckige Muster gibt, die so eng mit mir verbunden sind, dass ich schier „betriebsblind“ dafür bin. Vieles davon ist mit dem inneren Richter verknüpft, der Instanz, die im ewig plappernden Verstand die negativen Urteile wie zum Beispiel:
- Hättest Du mal lieber….
- Wärst Du lieber…
- Das ist ganz allein Deine Schuld!
- Du bist nicht gut genug!
- Das wirst Du nie schaffen!
- Andere kriegen das viel besser hin.
- Siehste! Ich hab ’s Dir doch gleich gesagt, dass das nichts wird.
und noch viele andere, die mir gerade nicht alle einfallen, von sich gibt. Hunderte oder Tausende von Malen am Tag fällt der innere Richter diese Urteile und oft sind sie so vertraut, dass es scheint, als würden sie zu meiner Persönlichkeit gehören. Erst nach vielen Malen des Entlarvens ein- und derselben Emotion passiert es mitunter, dass sich ein großer Aha-Effekt einstellt und ich erkenne, wie eng dieses Muster mit mir verwoben war. Das ist nicht bei allen Emotionen und Mustern so, aber manche sind halt äußerst hartnäckig.
Dann, wenn ich das erkenne, scheint das Muster mehr an die Oberfläche zu kommen und kann zu einem akzeptierten, wirklichen Teil von mir werden. Es hängt nicht mehr im Unterbewusstsein fest, sondern liegt offen da und kann sich irgendwann einmal transzendieren.
Oft passiert mir Folgendes: So ein Muster kommt an die Oberfläche und plötzlich zeigt sich der ganze Rattenschwanz, der noch daran hängt. Das kann ganz schön entmutigend sein, wenn ich dem inneren Richter in solchen Momenten freie Bahn lasse. Der Richter hat ja eine ziemlich eingeengte Perspektive. Aus einer anderen Sichtweise betrachtet, ist es völlig logisch: Ich lasse ein Muster an die Oberfläche, ans Licht und natürlich kann ich im Licht viel mehr sehen als in der Dunkelheit. Also sehe ich natürlich auch all das, was noch daran hängt.
Das ist zunächst nicht angenehm, aber im Laufe der Zeit habe ich mir ein großes Repertoire an Werkzeugen zugelegt, mit denen ich in solchen Situationen arbeiten kann. Z.B. mit den „Tools“ von Stutz/Michels.
Byron Browns Buch „Befreiung vom inneren Richter“
Seit einiger Zeit lese ich das o. g. Buch. Es hat aus meiner Sicht wegen der tiefgründigen Denkanstöße, die der Autor gibt, eine gewisse Schwere an sich, ist also kein Buch, das sich mal eben so hintereinander weg in zwei bis drei Tagen locker-leicht durchlesen lässt. Das ist aber auch nicht das Anliegen dieses Buches.
Ich finde dieses Buch äußerst empfehlenswert, weil es mir sehr viel Wertvolles im Hinblick auf den inneren Richter vermittelt. Byron Brown, der Autor des Buches, ist ein zertifizierter Ridhwan-Lehrer und die Ridhwan-Schule lehrt den Diamond Approach, eine von A. H. Almaas entwickelte mystische Lehre, die sich sowohl an alten Weisheitslehren als auch an der modernen Psychologie orientiert und zu Selbstverwirklichung und innerer Befreiung führt.
Byron Brown durchleuchtet in diesem Buch den inneren Richter in seiner ganzen Tiefe. Er gibt Methoden an die Hand, mit denen der Leser arbeiten kann und das Buch gibt wunderbare praxisnahe Einblicke in die inneren Dialoge, die in jedem von uns täglich ablaufen. Themen sind beispielsweise:
- die Verzerrung der Wirklichkeit durch den inneren Richter
- Urteile, Angriffe und der Umgang damit sowie die Abwehr von Angriffen
- die Erfahrung des Gewahrseins
- die Annahme der Wirklichkeit
- Verwicklung mit dem Richter und wie sie entsteht
- Gegenangriff, Rationalisieren und Schlucken/Kollabieren als Möglichkeit, sich in einen Angriff zu verwickeln
- den Richter erkennen
- tiefe Selbsterforschung
- die Kindheitsidentifikation lockern
- den Verrat an sich selbst beenden
- die innere Trennung erforschen
- Gegenwärtigkeit und Präsenz
und vieles mehr. Mir scheint Diamond Approach ein sehr praktischer, gangbarer und tief gehender Weg zu sich selbst zu sein. Zu Byron Brown habe ich leider kein Video gefunden, dafür aber zu A.H. Almaas, dem Begründer von Diamond Approach: